
Backen ohne Zucker. Kuchen ohne Kariesgefahr. Süßen ohne Kalorien. Naschen ohne Auswirkungen auf den Insulinspiegel. Klingt gut, oder? Und soll auch gut funktionieren, glaubt man der Werbung für Süßungsmittel wie Stevia oder Marken wie Natreen, Canderel und Sukrin. Ich habe mich schon oft gefragt, ob sich Zucker in Backrezepten tatsächlich ersetzen lässt, ohne dass der Geschmack und die Konsistenz darunter leiden. Meine Erfahrungen und selbstentwickelten Backrezepte ohne Zucker findet ihr in dieser Kategorie.
Für das Backexperiment in diesem Beitrag habe ich mich einen Nachmittag in die Küche gestellt (Rücken…aua), verschiedene Varianten eines Apfelkuchens gebacken und diese mit ein paar Testessern bewertet. Genauso habe ich ja auch ausprobiert, ob man Butter beim Backen ersetzen kann.
Es soll in diesem Post um meine Erfahrungen gehen – nicht darum, wie gesund oder ungesund Süßstoffe sind. Das ist eine Wissenschaft für sich; letztlich muss jeder für sich selbst eine Entscheidung treffen. Wenn ich all die Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen von Zucker, Stevia, Erythrit, Aspartam, Cyclamat u.a. lesen bzw. verstehen sollte, käme ich wahrscheinlich nie mehr zum Backen. Fakt ist jedenfalls, dass alle Süßungsmittel meines Backtests in Deutschland zugelassen sind.
Wenn ihr meine Dosierungstipps und Bewertungen gelesen habt, könnt ihr ja selber entscheiden, ob ihr künftig zuckerfreien Kuchen mit Honig, Stevia oder Erythrit backt oder doch lieber bei der normalen Variante mit Zucker bleibt.
Ein Apfelkuchen-Rezept und vier Varianten
Um die Auswirkungen zu testen, die alternative Süßungsmittel auf Optik, Backverhalten, Geschmack und Genuss haben, habe ich ein einfaches Apfelkuchen-Grundrezept verwendet: den Klassiker „Apfelkuchen sehr fein„. Dieser wird (umgerechnet auf eine recht kleine Kastenkuchenform) aus einem normalen Rührteig gemacht – konkret 85 Gramm weicher Butter, 65 Gramm Zucker, 2 Eiern, 135 Gramm Mehl, 1 gehäuften Teelöffel Backpulver, etwa 3 Esslöffeln Milch, etwas Salz und Zitronensaft sowie Äpfeln für den Belag. Warum Rührkuchen? Biskuitteig erschien mir für diesen ersten Test zu „heikel“, weil Zucker darin ja eine wichtige Rolle spielt, Hefeteig zu „langweilig“, weil dieser ja auch mit minimalem Zuckereinsatz gelingt.
Variante 1: Backen mit Honig statt Zucker
Honig ist nicht zwangsläufig gesünder als Haushaltszucker, auch wenn sich diese Meinung hartnäckig hält. Honig hat nahezu gleich viele Kalorien, schadet ebenfalls den Zähnen und ist für Diabetiker ähnlich ungeeignet wie Zucker. Allerdings sind in dem Bienen-Produkt auch Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme enthalten; gerade in der Vollwertküche wird der Honig gern als alternatives Süßungsmittel verwendet.
Beim Backen mit Honig statt Zucker muss man angeblich folgende Aspekte beachten, die ich vor meinem Backexperiment zusammengetragen habe: Fest gewordener Honig sollte zunächst erwärmt und damit flüssig gemacht werden, muss vor der Teigzubereitung aber wieder abkühlen. Honig besteht zu einem Teil aus Wasser, weswegen man die Flüssigkeit beim Backen um etwa ein Fünftel reduzieren sollte.
Andererseits wird empfohlen, die Backpulvermenge um einen halben Teelöffel zu erhöhen, damit das Honiggebäck nicht allzu schwer wird. Außerdem sollte man bei der Dosierung beachten, dass Honig eine höhere Süßkraft als Zucker und je nach Sorte einen speziellen Eigengeschmack hat. Ich habe für mein Kuchenrezept also 50 Gramm Honig statt 65 Gramm Zucker verwendet, knapp 2 Teelöffel Backpulver benutzt, die Milch und damit Flüssigkeit aber weggelassen.
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Variante 2: Backen mit Stevia statt Zucker
Zunächst: Was ist Stevia überhaupt? Stevia ist eine Pflanze aus Südamerika, deren getrocknete Blätter zerrieben werden. Das Süßungsmittel aus dem Kraut hat eine deutlich höhere Süßkraft als Zucker (teils 300- bis 450-fach). Weil man also nur sehr wenig Stevia braucht, kann man beim Backen Kalorien sparen, obwohl Stevia selbst welche hat. Außerdem ist Stevia auch für Diabetiker geeignet.
Allerdings wurde das Kraut in der Europäischen Union erst Ende 2011 für Lebensmittel zugelassen – die Zweifel, ob Stevia negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, waren vorher anscheinend zu groß. Mittlerweile gibt es unter anderem Schokolade und Marmeladen mit Stevia. Der Markt boomt. Im Internet tummeln sich viele Händler, bei denen man Stevia und Steviaprodukte kaufen kann.
Folgende Tipps zum Backen mit Stevia habe ich unter anderem gefunden: Anders als manche Süßungsmittel wie Canderel ist Stevia hitze- und backbeständig. Viele Steviaprodukte beinhalten zusätzliche Zutaten bzw. Trägerstoffe wie Maisdextrin, um das fehlende Volumen auszugleichen, dass man für manche Teigarten wie Biskuit braucht. Das führt dazu, dass die Dosierung je nach Produkt unterschiedlich ist. Ihr solltet also unbedingt die Hinweise des jeweiligen Herstellers beachten. Trotzdem ist die richtige Dosierung von Stevia ziemlich kompliziert. Im Zweifelsfall hilft nur: Ausprobieren und Erfahrungen sammeln.
Meine Bewertung bezieht sich auf das Produkt „Stevia Plus“ der Reformhaus-Marke Natura. Dieses Stevia kann man u.a. hier kaufen. Ich habe zunächst 15 Gramm Stevia genommen und mich dann letztlich an 20 Gramm herangetastet. Ein Hinweis in eigener Sache: Natura hat mir eine Packung „Stevia Plus“ und eine Packung dieser „0-Kalorien-Süße“ zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank dafür! Ich freue mich sehr über solche Rezensionsprodukte, werde dies aber natürlich immer kenntlich machen und nicht davon beeinflussen lassen.
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Variante 3: Backen mit Erythrit statt Zucker
Dieser Name ist definitiv schwer zu merken. Kein Wunder, dass Erythrit ein noch recht unbekannter Süßstoff ist 😉 Der Zuckerersatzstoff gehört chemisch gesehen zu den Zuckeralkoholen – auch wenn kein Zucker drin ist und man sicher nicht beschwipst wird. Erythrit (auch Erythritol) kann man u.a. im Internet und in Reformhäusern unter Namen wie „Sukrin“, „Xucker light“, „Sucolin“ oder eben „0-Kalorien-Süße“ kaufen – letztere habe ich getestet. Wie die Bezeichnung vermuten lässt, hat Erythrit tatsächlich so gut wie keine Kalorien, soll zahnfreundlich sein und zugleich gut verträglich für Diabetiker. Auch nicht zu verachten: Erythrit sieht aus wie Zucker. Irgendwo muss doch der Haken bei diesem „Wundermittel“ sein….mal sehen.
Zwei Dinge sollte man beim Backen mit Erythrit beachten. Zum einen süßt Erythrit nicht so stark wie Zucker. Konkret heißt das, dass 100 Gramm Zucker im Backrezept durch etwa 130 Gramm Erythrit zu ersetzen sind. Die Menge des Süßstoffes, der anders als Stevia ein gutes Volumen hat, sollte nicht mehr als 20 Prozent aller Backzutaten ausmachen. Grob überschlagen wiegen die Zutaten in meinem Kuchenrezept 450 bis 500 Gramm – ohne die Äpfel für den Belag natürlich. Maximal ein Fünftel entspricht also 100 Gramm. Passt: Ich wollte um die 80 Gramm Erythrit verwenden. Falls ein Backrezept sehr viel Zucker verlangt, kann man noch etwas Zucker oder Honig hinzufügen.
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Meine Erfahrungen beim Backen ohne Zucker
Zuckerfrei Backen und kalorienarm süßen. Nachdem ich viele sehr unterschiedliche Erfahrungsberichte gelesen habe, wollte ich es selbst wissen: Funktioniert das wirklich?
Kriterium 1: Der Kuchenteig
Honig: Da kann meine Küchenmaschine noch so viel rühren, wie sie will – die weiche Butter und der flüssige Akazienhonig ergeben einfach keine schaumige bzw. lockere Masse. Im Gegenteil, die Masse wirkt ziemlich zäh – hoffentlich wird der Apfelkuchen nicht auch so… Auf zusätzliche Milch verzichte ich bei diesem Honig-Kuchen. Der Rührteig fällt auch so schon schwer reißend vom Löffel. Der rohe Kuchenteig schmeckt übrigens sehr lecker; auch das leichte Honigaroma gefällt mir. [Und ja, ich weiß, man soll rohen Teig nicht essen ;-)]
Stevia: Nachdem ich den Hauch einer Messerspitze Stevia probiert habe und es mich ob der Süße geschüttelt hat, gebe ich zunächst nur 15 Gramm „Stevia Plus“ (Maisdextrin und Stevia) zur weichen Butter. Dieser Teig ist noch zäher als der mit Honig. Er „kriecht“ die Schneebesen regelrecht hoch – nicht schön. Ich gebe noch weitere 5 Gramm Stevia hinzu, da der rohe Kuchenteig zu wenig süß ist. Leider schmeckt er so oder so ziemlich seltsam, aber das kann sich ja mit dem Backen ändern. Bislang sieht es jedenfalls schlecht für das angebliche Wundermittel Stevia aus. Ich bin gespannt, ob der Kuchen wegen des fehlenden Volumens von Stevia deutlich kleiner bzw. flacher wird als die anderen.
Erythrit: Hier gibt es eigentlich nicht viel zu berichten oder zu meckern. Der Kuchenteig sieht aus, als wenn ich normalen Zucker verwendet hätte. Und er schmeckt auch so. Wunderbar, würde ich sagen. Hoffentlich bleibt das so.
Kriterium 2: Die Optik des Kuchens
Honig: Puh, das ging gerade noch gut. Der Apfelkuchen mit Honig bräunt deutlich schneller als die anderen Kuchen. Man muss aufpassen, dass nichts verbrennt. Mein Tipp: Die Backtemperatur lieber ein bisschen senken und dafür länger backen.
Bis auf die Farbe wirkt der Kuchen aber völlig normal. Trotz des zähen Teigs ist das Gebäck schön aufgegangen, was wohl auch am zusätzlichen Backpulver liegen dürfte.
Stevia: Dieser Kuchen braucht gefühlt doppelt so lange wie der mit Honig, um durch zu sein. Er bleibt relativ hell und ist überraschenderweise gut aufgegangen.
Erythrit: Auch dieser Variante fehlt es leider etwas an Farbe. Obwohl ich den Kuchen mindestens 15 Minuten länger im Ofen gelassen habe als den Honig- und Zucker-Kuchen, bleibt er eher blass. Vielleicht hätte man ihn vorher mit Eigelb bepinseln sollen.
Kriterium 3: Der Geschmackstest
Honig: Dieser Apfelkuchen besitzt eine andere und etwas geringere Süße als der mit Zucker. Wahrscheinlich hätte ich doch ein bisschen mehr Honig nehmen sollen. Der spezifische Honiggeschmack kommt bei uns recht gut an. Der Teig ist deutlich lockerer als die anderen und irgendwie anders; etwas zu „sämig“, wie einer der Testesser meint. Ich finde ihn Ok.
Stevia: Auch dieser Kuchen hätte noch ein bisschen süßer sein dürfen. Die Frage ist, ob mehr Stevia aber auch zu besserem Geschmack geführt hätte. Das bezweifle ich zumindest. Die Meinungen von uns Kuchenessern gehen bei diesem Test zwar manchmal auseinander, bei der Stevia-Variante sind wir uns aber einig: Der Kuchen schmeckt irgendwie künstlich und schräg, er hinterlässt einen leichten undefinierbaren Nachgeschmack und ein komisches Gefühl im Mund. Und: Mir wurde ehrlich gesagt übel beim Essen 🙁 Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht?
Erythrit: Der ganz zum Schluss getestete Apfelkuchen mit Erythrit hat eine angenehme Süße, wirkt saftig und natürlich. Ich bin wirklich positiv überrascht: Dieser Kuchen schmeckt mir definitiv am besten, sogar besser als der mit Zucker!
Unsere Bewertung im Vergleich mit dem Original-Kuchen
Zusammengefasst hat der Kuchen mit Stevia am schlechtesten abgeschnitten. Er konnte vor allem geschmacklich nicht überzeugen und hinterließ ein seltsames Gefühl im Mund. Für Stevia gibt´s leider nur Platz 4.
Auf einem guten 3. Platz landet die Honig-Variante, die wohl auch aufgrund des eher milden Akazienhonigs und des zusätzlichen Backpulvers (= locker) recht gut ankam. Aber zwei andere waren noch besser…
Der normale Apfelkuchen mit Zucker hat in der Summe besser geschmeckt und bekommt von uns den 2. Platz. Das – leider nicht ganz so gesunde – Original lässt sich mit Ersatzstoffen also nur schwer toppen…
Der Gewinner des Backtests ist das Süßungsmittel Erythrit. Superlecker und kalorienfrei! Einen Haken hat das ganze dennoch. Ein Kilogramm des Zuckerersatzstoffs kostet mindestens um die 10 Euro.
Das Fazit der Glücksbäckerei zum Backen ohne Zucker
Wahrscheinlich bleibt es also dabei: Kuchen, Kekse, Cupcakes oder Tartes sind Genuss und sollten bewusst gegessen werden. Dem Geldbeutel (Erythrit), der Gesundheit (Zucker, Honig, vielleicht auch Süßstoffe) oder dem Magen (Stevia) zuliebe. Und jetzt bin ich gespannt auf eure Erfahrungen!
Danke an die Firma Natura, die mir Stevia und Erythrit für die Rezension zur Verfügung gestellt hat. Meine Meinung bleibt davon natürlich unberührt.
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