
Wie werden eigentlich Rezepte geschrieben – und wie kann man Backrezepte überhaupt selbst entwickeln? Vielleicht habt ihr euch so etwas schon einmal gefragt. Weil ich ab und an darauf angesprochen werde, möchte ich euch heute also einen kleinen Einblick in die Rezeptentwicklung der Glücksbäckerei geben.Für den Blog oder meine Bücher backe ich andere Rezepte nämlich nur sehr selten 1:1 nach (und wenn, dann wird die Quelle natürlich angegeben). Das heißt: Vor dem Fotoshooting und dem Schreiben eines Beitrags gibt es für mich mehr oder weniger viel zu tun, bis ein Rezept auch wirklich fertig ist. In diesem Beitrag beschreibe ich meinen ganz persönlichen Weg bei der Rezeptentwicklung. Andere gehen vielleicht wieder ganz anders vor. Ich habe das „Rezepte schreiben“ weder gelernt (aber ok, wer hat das schon?) noch bin ich Profi-Bäcker. Aber mit der Zeit sammelt man eben Erfahrungen, die dann in eigene Kreationen einfließen können. Leider sind der Kreativität beim Backen engere Grenzen als beim Kochen gesetzt, die man nicht einfach unterschlagen kann – weil Teige womöglich auch mit vergleichsweise kleinen Änderungen nicht aufgehen, steinhart werden oder ähnliches.
5 Schritte, mit denen man eigene Rezepte entwickeln kann
Natürlich kann ich auch sonst beim Backen das Rad nicht neu erfinden. In der Glücksbäckerei gibt es auch Klassiker wie den Schokoladenkuchen oder Familienrezepte wie den Spiegelei-Kuchen, für die ich nicht besonders viel „entwickeln“ muss. Andererseits findet ihr hier immer wieder auch Rezepte, die komplett von mir stammen, weil es sie so woanders noch nicht gibt. Besonders viele solcher Rezepte sind in der Gesünder-Backen-Kategorie.
1. Schritt: Inspiration
Inpirationen gibt es überall. Der Beginn der Erdbeer-Saison. Ein bevorstehender Kindergeburtstag. Das Foto eines Kuchens, das euch nicht mehr aus dem Kopf geht. Ein Besuch auf dem Wochenmarkt. Oder die Neugierde, was man aus eigentlich nicht zusammenpassenden Zutataten leckeres zaubern kann. Das alles kann ganz am Beginn einer Rezeptentwicklung stehen. Mit der ersten Idee kommen oft schon genauere Vorstellungen darüber einher, ob das Gebäck eher klassisch oder modern sein soll, ausgefallen oder bodenständig, üppig oder leicht. Manchmal stammt die Inspiration auch von außen, wenn mir z.B. Kooperationspartner eine Rezeptrichtung vorschlagen oder ich mit bestimmten Produkten ein Rezept entwickeln darf.
2. Schritt: Detail-Planung
Am Schreibtisch notiere ich mir all meine Ideen und mache mir zugleich Gedanken über die Umsetzbarkeit. Konkret geht es als erstes darum, die Teigart zu bestimmen, mir zu überlegen, wie die Konsistenz einer Creme oder eines Toppings sein soll, was ich mir als Deko vorstellen kann, welche Gewürze ich verwenden will. Wo ich sie nicht im Kopf habe, schlage ich Grundrezepte etwa für Hefeteig oder Buttercreme nach, die dann variiert werden. Manchmal habe ich ein bestimmtes Ziel, das ich erreichen möchte – bei meinem „perfekten Käsekuchen“ war es etwa die Tatsache, dass der Kuchen nicht einfällt, keine Risse bekommt etc.. Hier habe ich mich auch noch nach unterschiedlichen Tipps und Lösungsansätzen erkundigt, unsere Facebook-Fans nach ihren Ratschlägen gefragt und einige Backbücher durchforstet.
3. Schritt: Zutatenmengen und Vorgehen
Je mehr Erfahrung man beim Backen hat, desto mehr kann man im Voraus schon „im Kopf backen“ – also grob bestimmen, wieviel Süße ein Rezept verträgt, welche Massen ein Bindungsmittel benötigen und auf welche Eigenheiten man bei manchen Zutaten achten muss (siehe die Low Carb Cookies, die mit den durchaus heiklen Mehlen Kokosmehl und Mandelmehl gebacken wurden). Trotzdem geht auch bei mir immer wieder etwas gehörig schief 😉 Wenn ich ein Rezept wirklich (fast) komplett neu entwickle, experimentiere ich zur Sicherheit aber erst einmal mit einer kleinen Zutatenmenge, die ich dann später auf normale Backformgrößen o.ä. umrechne. Bei den Cookies habe ich die ersten drei Testreihen zum Beispiel mit je nur einem Ei geplant. Ich will schließlich möglichst wenig wegwerfen, wenn das Gebäck mal so gar nicht gelingen sollte.
4. Schritt: Testbacken und Testessen
Jetzt geht´s endlich in die Küche! Ich liebe das Testbacken – auch wenn es manchmal richtig, richtig lange dauert, schweißtreibend werden kann und ab einem bestimmten Punkt immer weniger Spaß macht. Den erreiche ich glücklicherweise eher selten 😉 . Nach dem Backen wird natürlich genascht, entweder zunächst alleine, dann mit Jan und dem kleinen Glücksbäcker; manchmal auch direkt mit Freunden beim Kaffeetrinken (die ich aber vorwarne und um ihre ehrliche Meinung bitte…). Danke an meine lieben testfreudigen Kolleginnen aus dem Atelier 😉 ! Im besten Fall gelingt ein Rezept gleich beim ersten Mal und braucht nur noch kleine Anpassungen. Im schlechtesten Fall bin ich zu „experimentell“ vorgegangen und der Teig hält zum Beispiel nicht zusammen, die Optik ist stark verbesserungswürdig oder eine Zutat schmeckt viel zu stark heraus. Dann muss ich nochmal backen und bestimmte Parameter ändern. Wenn mich ein Rezept irgendwann nur noch nervt und nicht gelingt, gebe ich auch mal auf. Das gab es allerdings erst sehr selten. Das Wichtigste: Nicht entmutigen lassen, gerade am Anfang!
5. Rezeptanpassung und Fertigstellung
Im letzten Schritt muss das Rezept noch geschrieben werden. Ich passe die Zutaten evtl. an oder rechne sie um (wenn ich z.B. für uns nur 6 Muffins gebacken habe, aber ein Standardrezept für 12 Muffins posten will). Ich überlege mir, welche Schritte unsere Leser am sinnvollsten in welcher Reihenfolge machen sollten. Beim Testbacken geht es nämlich leider eher chaotisch zu und ich brauche oft sehr viel Geschirr und Platz. Ich ordne die Zutaten nach den Arbeitsschritten an, beschreibe (hoffentlich verständlich) das Vorgehen, notiere das Rezept in unser Rezept-Plugin und mache Foodfotos. Und dann hoffe ich, dass viele von euch das Rezept nachbacken und ebenso lecker wie wir finden 🙂
Soweit der kleine Einblick hinter die Kulissen. Bastelt ihr auch manchmal eure eigenen Rezepte – und wenn ja, wie?
Viele Grüße, eure Kathrin
P.S.: Nachdem uns ein Leser mehrfach danach gefragt hatte (danke, Rikibu 😉 ), gibt es seit kurzem einen Paypal-Spenden-Button auf der About-Seite. Wenn euch die Glücksbäckerei, meine Rezepte und Experimente gut gefallen, könnt ihr uns gerne eine kleine Unterstützung fürs Zutaten-Kaufen und Co. zukommen lassen. Danke!