
In meinem Beruf als Journalistin komme ich viel herum, lerne interessante Leute kennen und kann oft hinter die Kulissen schauen. So bin ich zum Beispiel immer mal wieder mit Fernsehkoch Christian Henze unterwegs, den sicher einige von euch kennen. Kürzlich waren wir beide zu Besuch bei Dallmayr und haben eine professionelle Kaffeeverkostung gemacht. Extrem spannend! Und deswegen erzähle ich euch heute ein bisschen was über Kaffee, nachdem ich ja vor kurzem schon über Tee aus Sri Lanka geschrieben habe. (Die Fotos stammen übrigens von meiner lieben Kollegin Uli Frömel, die uns an diesem Tag begleitet hat.)
Unglaublich: Der Chefverkoster von Dallmayr testet jeden Tag bis zu 300 Kaffesorten
Ich hatte mir vor diesem Termin ehrlich gesagt nie groß Gedanken darüber gemacht, wie Kaffee produziert wird und wer entscheidet, was in Deutschland getrunken wird. Außerdem hatte ich keine Ahnung, dass es den Beruf des Kaffeeverkosters gibt. Volker Meyer-Lücke ist so einer. Na gut, eigentlich lautet seine offizielle Bezeichnung „Chef-Einkäufer für Rohkaffee“, aber die Hauptaufgabe des 47-Jährigen bei Dallmayr ist es tatsächlich, Kaffee zu trinken. Und zwar richtig, richtig viel.
Meyer-Lücke verkostet Tag für Tag bis zu 300 Sorten Kaffee. Die unterschiedlichsten Arabica- und Robusta-Sorten, sündhaft teure genauso wie preiswertere Bohnen. Der gebürtige Hamburger bestimmt damit auch, welcher Kaffee es letztlich in den Verkauf schafft. (Im aktuellen Dallmayr-Werbespot ist er übrigens auch zu sehen.)
Das Probierzimmer im Dallmayr-Stammhaus in der Münchner Innenstadt ist klein und unscheinbar, gleichzeitig aber so etwas wie das Zentrum des Kaffeerösters. Hier testen Meyer-Lücke und seine Kollegen täglich neue Sorten und prüfen, ob die Qualität gelieferter Bohnen passt. In einem Regal mit zig Schubladen lagert Rohkaffee aus aller Welt. Im Probenröster, einer Art Industrieröstung im Kleinen, werden die Bohnen jeden Vormittag für die Verkostung frisch geröstet. Zwölf Gramm grob gemahlener Kaffee kommt auf 250 Milliliter heißes Wasser.
Anschauen, schlürfen, spucken – und Christian Henze und ich mittendrin 😉
Eines kann ich euch sagen: Eine Profi-Verkostung hat wenig mit normalem Kaffeetrinken und Kriterien wie „schmeckt mir“ oder „schmeckt mir nicht“ zu tun. Oder gar mit Genuss. Sie läuft weltweit nach einem mehr oder weniger einheitlichen Schema ab. Meyer-Lücke betrachtet zunächst die ganzen Bohnen. Dann nimmt er einen Löffel Kaffee aus der ersten Tasse, schlürft ihn, um sämtliche Aromen riechen zu können, kaut kurz und spuckt den Kaffee wieder in einen Metallbehälter aus. „Wenn ich alles trinken würde, würde ich nicht mehr hier stehen“, sagt er. Und ich fühle mich jetzt schon ganz komisch, wenn ich so viele verschiedene Kaffees im Mund habe ;-).
Als ich den Kaffeeverkoster getroffen habe, ist er gerade von einem Aufenthalt in Äthiopien zurückgekommen, dem Ursprungsland des Kaffees. Kaffee-Kirschen werden dort vor allem von Kleinbauern angebaut, nur selten auf großen Plantagen.
Christian Henze und mir hat übrigens dieselbe Sorte am besten geschmeckt: „Sidamo Gr. 2“. Der Profi Meyer-Lücke beschreibt den Kaffee mit Worten, wie sie auch bei Weinproben angewandt werden: „Voller Körper, ausgewogen, kräutrig-würzig.“ Anders als Wein wird Kaffee jedoch nicht besser, wenn man ihn lagert, sondern büßt schnell an Aroma ein. Die Bohnen sollte man daher dunkel, kühl und trocken lagern, sagt der Experte. Man kann Kaffee angeblich sogar einfrieren, wenn man eine Packung mal nicht so schnell verbraucht. Mehr über Kaffee und die richtige Zubereitung kann man in Kaffeesminaren erfahren, die es mittlerweile in jeder größeren Stadt gibt, z.B. bei der Kaffee Partner Erlebniswelt. Kaffee einfrieren kommt bei Meyer-Lücke natürlich nur selten vor. Obwohl er ihn im Job massenweise verkostet, trinkt er nämlich auch privat immer noch ganz gerne Kaffee :-).
P.S.: Inzwischen habe ich einen neuen absoluten Lieblingskaffee, der im Latte Macchiato wirklich perfekt schmeckt (und nein, für diesen Kommentar werde ich – leider – nicht bezahlt ;-). Der Espresso von Dallmayr heißt „Barista“ und wurde im vergangenen Jahr auch von „Der Feinschmecker“ zur Nummer 1 unter den Espressi gewählt.